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Donnerstag, 19. Juni 2014

DIE FRAGEN LEBEN

"Sie sind so jung, so vor allem Anfang, und ich möchte Sie (...) bitten (...), Geduld zu haben gegen alles Ungelöste in ihrem Herzen und zu versuchen, die Fragen selbst liebzuhaben wie verschlossene Stuben (...). Forschen Sie jetzt nicht nach den Antworten, die Ihnen nicht gegeben werden können, weil Sie sie nicht leben könnten. Und es handelt sich darum, alles zu leben. Leben Sie jetzt die Fragen. Vielleicht leben Sie dann allmählich, ohne es zu merken, eines fernen Tages in die Antwort hinein." 

– R.M. Rilke "Briefe an einen jungen Dichter" Brief vom 16.07.1903

Die Tage habe ich immer mal wieder in diesen Briefen gelesen. Ich erwische mich oft dabei, wie ich in den Büchern heimlich Weisheiten für mein eigenes Leben suche. Eine Antwort, irgendeine, auf eine aktuelle Ungelöstheit. Oder die Beruhigung, dass irgendjemand dieses Gefühl, diese Lage schon einmal ähnlich erlebt hat. Dass all das, kleine oder große Spannung, okay und relativ und vergänglich ist und die Fragen ruhig erstmal offen bleiben dürfen.

Gestern fragte mich eine Bekannte, was denn nun meine Pläne seien. Wo ich mich dann bewerben möchte. Wann, warum. Da bleiben meine Antworten gerne nebulös, denn natürlich habe ich Ansätze von Plänen. Aber sie sind noch so zart, dass ich befürchte, sie verkümmern, sobald ich sie ausgesprochen habe. Eigentlich lebe ich ganz gut mit offenen Fragen und ich fühle mich beengt, wenn alles fest verplant und gesichert ist. Und dieser Alltag in Paris, zwischen Hin und Her, Endphase Studium, Job und anderem, lässt mir gerade (an Energie) auch nichts anderes übrig, als gegenwärtig zu sein anstatt mich in Zukunftsplanung zu verlieren. 



































Was mir aus den letzten Tagen im Kopf geblieben ist ...

°°° Das spontane Treffen mit der lieben M., zwischen uns ein Brett mit Sushi, draußen der laute Boulevard. Neues, wenig Gutes, aus ihrem Land im Nahen Osten und Lachen beim Erinnern an letztes Jahr, als wir uns bei einem Praktikum kennengelernt haben.

°°° Eine nächtliche Metrofahrt, auf dem Nachhauseweg vom Babysitting, zu dem mich F. mal wieder begleitet hat. Ich döse an seiner Schulter, während junge Leute an den Stationen torkelnd ein- und aussteigen.

°°° Eine nachmittägliche Metrofahrt, während der ich begeistert ein Aha-Erlebnis nach dem anderen beim Lesen eines Fachbuches für die Masterarbeit habe. Das merkwürdige Gefühl der Dankbarkeit einem unbekannten Autoren gegenüber dafür, dass er dies so schön passend "nur für mich" aufgeschrieben hat.






Dazwischen...

ziemlich windige Junitage, Stunden vor dem Bildschirm, die Suche nach mehr Energie, die zweisame Vorfreude auf den Urlaub, der Gedanke an liebe Menschen, denen ich schon länger nicht mehr geschrieben habe.


... und weiter gehts. In die offenen Fragen hineinleben!


5 Kommentare:

  1. Fragen sind oft viel wertvoller als die Antworten, die es auf sie gibt. Vor allem, wenn es Fragen sind, deren Antwort dann einfach so enttäuschend einfach ist. Warum ist die Banane krumm? Sie wächst dem Licht entgegen. Jeijj. Ich war als Kind echt enttäuscht von dieser Antwort.

    Wie dem auch sei: Mit Fragen ist besser als ohne. Also wünsche ich dir schöne Tage mit ein paar Fragen ohne Antwort.

    - Casey

    [sexbooksandheavymetal.com]

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  2. nach einer guten Frage kommt - früher oder später - auch die gute Antwort.

    liebe Grüße

    Maria

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  3. lange zeit war es vor allem das, was mich so am lesen gefesselt hat :: diese identifikationsmomente.
    dann kam das literaturstudium, das den fokus auf ganz anderes gelenkt hat.
    und jetzt, nach und nach, kommt es wieder zurück, das freuen über das für das eigene sein bedeutsame.
    ha, und diese freude beim lesen von fachliteratur, die viel hergibt zum eigenen thema, die kenne ich. so gut tut sie.

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  4. Schöne Lichtflecken auf deiner Haut! Und Rilke hats wirklich wohlformuliert- ich leb es grad so nach! Antworten ergibt dann und wann einfach das Leben. Man muss nicht zerren und ziehen. Mit Vertrauen lebt es sich leichter! Bisousbisous!

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