Meine lyrischen Siebensachen gepackt und umgezogen!
Schlaflos in Paris – hier findet ihr mich wieder.
Ich freue mich über Besuch.
Donnerstag, 7. Februar 2019
Samstag, 2. Mai 2015
WAS BRAUCHST DU
Was sind das für gute Tage. Obwohl mein Puzzle aus Plänen und Ideen noch ziemlich durcheinander vor mir liegt, ist da so ein Vorgespür, dass sich alles fügen wird: durch meine Bemühungen einerseits, durch ein bisschen Glück andererseits.
Zwischendurch bin ich endlich mal wieder in die Lyrik abgetaucht (mir ist nach dem Lesen oft, als habe ich mich einmal wieder richtig gut ernährt). Da ist dieses Gedicht, was ich schon vor Monaten entdeckte und wovon mir immer mal Versfetzen durch den Geist gehen. Ein Text, der in wenigen Worten Bände spricht über das Menschsein und die menschlichen, ganz elementaren Bedürfnisse: Ruhe, Schutz, freien Raum, Beziehungen, das Bedürfnis nach Schönheit und danach, sich zu sehnen, zu träumen.
was brauchst du? einen Baum ein Haus zu
ermessen wie groß wie klein das Leben als Mensch
wie groß wie klein wenn du aufblickst zur Krone
dich verlierst in grüner üppiger Schönheit
wie groß wie klein bedenkst du wie kurz
dein Leben vergleichst du es mit dem Leben der Bäume
du brauchst einen Baum du brauchst ein Haus
keines für dich allein nur einen Winkel ein Dach
zu sitzen zu denken zu schlafen zu träumen
zu schreiben zu schweigen zu sehen den Freund
die Gestirne das Gras die Blume den Himmel
ermessen wie groß wie klein das Leben als Mensch
wie groß wie klein wenn du aufblickst zur Krone
dich verlierst in grüner üppiger Schönheit
wie groß wie klein bedenkst du wie kurz
dein Leben vergleichst du es mit dem Leben der Bäume
du brauchst einen Baum du brauchst ein Haus
keines für dich allein nur einen Winkel ein Dach
zu sitzen zu denken zu schlafen zu träumen
zu schreiben zu schweigen zu sehen den Freund
die Gestirne das Gras die Blume den Himmel
– Was brauchst du, Friederike Mayröcker
(Anhören kann man sich den Text in der Lyrikline, einer wunderbaren, virtuellen Fundgrube)
[Der Samstagskaffee geht in die virtuelle Kaffeerunde bei Ninja]
Auch in Paris war gestern Feiertag und alles herrlich still. F und ich fuhren mit dem Moped durch die Straßen. Ich liebe das: wie Fassaden, Cafés, Kreuzungen, Menschen und Boutiquen an mir vorbeiziehen, während ich mich an Fs Rücken klammere und einfach schauen kann, stundenlang schauen könnte, wie einen richtig guten Film. Dabei ist es wieder ziemlich kalt geworden und wir mussten uns den Nieselregen vom Visier wischen. Wir hielten irgendwo an, am Seine-Ufer, zwischen 15. und 16. Arrondissement, um ein paar alberne Fotos auf der Brücke zu schießen und dann etwas essen zu gehen. Als wir wenig später irgendwo im Warmen saßen, mit Blick auf die verregneten Straßen, dachte ich kurz an Chile zurück, wie anders dort alles war und wie phänomenal es ist, wieder zusammen (unterwegs) zu sein, ein bisschen ziellos, leichtfüßig, improvisiert, vor allem aber zu zweit.
Mittwoch, 29. April 2015
EINE HANDVOLL KULTURTIPPS FÜR PARIS
Das letzte Wochenende war eines mit viel Regen und Spaziergängen in den trockenen Stunden dazwischen. Ich hatte Besuch von meiner lieben Freundin T (mein letzter Besuch bei ihr – klick – liegt schon wieder Monate zurück).
Zusammen zogen wir durch Pariser Ecken, in die es mich im Alltag sonst selten führt. Auf unserem Weg lag zum Beispiel das umgestaltete, wiedereröffnete Picasso-Museum im Marais-Viertel. Das letzte Mal war ich dort vor sechs Jahren, als meine Schwester und ich fünf Tage zusammen in Paris verbrachten und uns in gefühlt sämtlichen Pariser Kunstmuseen die Füße wund liefen.
Am Samstag Abend huschten T und ich auch noch durch die aktuelle Ausstellung im Musée du Luxembourg: Die Tudors. Wieder etwas gelernt und dieses schöne (aber teure) Museum direkt am Jardin du Luxembourg beehrt.
Ansonsten gab es heiße Schokolade im Café mit Blick durch verregnete Scheiben auf leergefegte Straßen, Busfahrten, ein Picknick an der Seine, einen Film im Kino, undzwar "Caprice", herrlich leicht, amüsant und ironisch und für alle, die kein Französisch verstehen: Er kommt bestimmt auch bald in die deutschen Kinos.
Auf meiner Wunschliste für nächste kulturelle Spaziergänge stehen außerdem:
• die Gustav Klimt-Ausstellung in der Pariser Pinacothèque
• einen zweiten Besuch im idyllischen, kleinen Zadkine-Museum (Eintritt frei). Zadkine war ein Bildhauer, der in unserer Nachbarschaft lebte und arbeitete. Frédéric, der Vermieter unserer Wohnung, ist ihm als Kind häufig im Viertel über den Weg gelaufen, erzählte er kürzlich.
• Was ich mir unheimlich romantisch vorstelle ... Ein Dinner zu zweit auf einem Bateaux Mouche, während draußen die Seine-Ufer vorbeiziehen. Wenn wir das mal machen sollten, werde ich hier darüber schreiben!
Und wer einen kurzweiligen, unaufgeregten Roman sucht, der lese Milan Kunderas "Fest der Bedeutungslosigkeit". Das Buch spielt in Paris und ist auch auf Französisch (La fête de l'insignifiance) leicht zu lesen.
Voilà!
... ich vergaß: Mich hat nun auch das Faszinosum Instagram gepackt. Meinen Micro-Blog für eine tägliche Dosis Paris findet ihr hier.
Freitag, 24. April 2015
KUNST UND SPIELEREIEN
Es ist Frühling und während sich draußen alles erneuert, hatte ich Lust, auch dem Blog einen kleinen, frischeren Anstrich im Titel zu geben. Ich überlege, wie ich das Bloggen gestalten kann, dass es mir Freude macht, regelmäßig zu schreiben. Und dass mein Schreiben dem Lesenden auch etwas mitgibt.
Letztes Jahr im Februar habe ich diesen Blog kreiert. Ich stand im letzten Stuzdienjahr und suchte einen neuen kreativen Ausdruckskanal. Heute schaue ich noch einmal in den allerersten Lyra-Post, in dem ich schrieb:
"Über Paris liegt kalte, hellgraue Februarluft. Die Parks sind blätterlos, die Terrassen werden geheizt. Manche Boutiquen im Viertel sind geschlossen, es sind Winterferien. Ehe es wieder zu schnell gegen Abend geht und meine Gedanken anfangen zu flattern, beginne ich diesen Blog.
Ich möchte schreiben. Weil ich einen Kanal suche, meinen Gedanken und Ideen Konturen zu geben. Weil ich dann und wann in Gedankeneinsamkeit verfalle, im stillen Kämmerlein denke, schreibe, überlege und irgendwann merke, dass sich manche Ideen ungeteilt nicht weiterentwickeln. Weil Schreiben mein Sprachrohr und Fernrohr ist. Weil ich meinen persönlichen und künstlerischen Weg dokumentieren möchte. Weil ich in einer mit Rausch, Poesie und Abgasen aufgeladenen Stadt lebe, die ich schriftlich und fotografisch bändigen muss.
Und ich fange jetzt an, weil ich vielleicht nicht so bald wieder so viel Zeit haben werde. Das Studium ist beinah zu Ende. Ich sitze in meiner Seifenblase, von der aus ich Pläne in die Luft schreibe und wieder streiche und mich am liebsten doch nur Spielereien hingeben würde."
Hat sich seitdem etwas für mich verändert? Ich denke schon. Einige jener Pläne, dich ich "in die Luft schreibe", haben sich im letzten Jahr verwirklicht (zum Beispiel die Chile-Reise). Und das Kreative, das ich als "Spielereien" beschrieb, hat sich fester als Teil meines Alltags in mir verankert. Ich habe mehr Vertrauen in das Potential, das darin steckt, auch für meine (berufliche) Zukunft. Ich habe erfahren dürfen, dass einem eingestandenen, inneren Wunsch plötzlich reelle Möglichkeiten folgen und sich Wege auftun. Im letzten November wurden mir Raum, Zeit und Mittel geschenkt, um ein paar Wochen in einem Künstlerhaus in Norddeutschland zu leben und zu schreiben. Dabei sind keine Meisterwerke entstanden, aber doch ein paar Texte, und ich habe wieder einiges gelernt. Mir ist klargeworden, dass so ein vogelfreies Künstlerleben, das sich nur nach dem eigenen Schaffen richtet, nichts für mich wäre. Und auch dass viel Zeit zu haben nicht unbedingt mehr "geniale" Ideen hervorbringt. Man braucht nicht die Zeit zum Stillstand bringen, um ein Gedicht zu schreiben, ein Bild zu malen oder ein Lied zu komponieren. Vielmehr nährt sich die Kunst aus dem Strom der Tage. Erst kommt das (Er-)Leben, dann erwachsen aus dem Wust von Erlebtem kleine Pflänzchen: Beobachtungen, Erkenntnisse, Gefühle. Und diese werden dann zu Texten, Gitarrensongs, Skulpturen, selbstgenähten Kleidern, Kurzfilmen, was auch immer ...
Ich glaube nun, dass sich das Kreative auch mit einem soliden Berufsalltag vereinbaren lässt. Mir scheint, dass sich die (ehrliche, ungekünstelte) Lust am Schöpferischen immer wieder eine Bahn ins eigene Leben schlägt. Deshalb steht für mich nicht zur Frage, ob ich das Schreiben für eine "ernsthafte", "anerkannte" Arbeit aufgebe. Es kommt ja als Bedürfnis sowieso immer wieder, egal wie beschäftigt ich bin (bzw. gerade wenn sich alles verdichtet): So wird mich das Schreiben stets mal mehr, mal weniger intensiv begleiten und mir als Quelle von Ruhe und Kraft immer zur Verfügung stehen.
Neben dem Vertrauen in die eigene schöpferische Kraft gilt es auch, die Augen offen zu halten und wertvolle Gelegenheiten nicht zu übersehen. Im Juni habe ich die Chance, an einem mehrtägigen Schreibworkshop an der Ostsee teilzunehmen, mich mit anderen jungen Schreiberlingen auszutauschen und meine Texte gescheiter Kritik zu unterziehen. Und von dort aus ergibt sich vielleicht wieder etwas anderes.
Meine "Spielereien", zu denen auch dieser Blog gehört, dürfen ruhig unbedeutend und leise sein. Es geht nicht um Erfolg. Eher um meine eigene Suche nach Echtem und Persönlichem, nach etwas, das bleibt, wenn die Jahre vorüberziehen.
Für alle, die sich darin wiedererkennen, hier eine kleine (unvollständige) Linkliste der Bücher, die mich inspiriert haben:
• Julia Cameron: Der Weg des Künstlers – Anregungen und Ermutigungen, dem Kreativen Einzug in den Alltag zu geben bzw. daraus einen Beruf zu machen. Habe ich eines Sommers zusammen mit meiner Mutter und Schwester gelesen (in Ermangelung mehrerer Exemplare :).
• Frau Paula Trousseau von Christoph Hein (Künstleroman)
• R. M. Rilkes Briefe an einen jungen Dichter (als PDF herunterzuladen. einfach zu schön)
• Anne M. Lindbergh: Muscheln in meiner Hand – kurzweiliges Buch von 1955, mag manchem veraltet vorkommen, enthält aber viel Wahres über die Hinwendung (der Frau) zu sich selbst
• I. Gutschke: Eva Strittmatter (Gespräche) Die Lyrikerin über ihr Leben & Schreiben.
• Briefwechsel zwischen R. M. Rilke und Paula Modersohn-Becker
• Und diese Liste zum Ausdrucken und vor den Schreibtisch hängen: 33 ways to stay creative!
Und viele(s) andere ...
Montag, 20. April 2015
ALLES IST GUT ... DE RETOUR à PARIS
Manchmal schreibt man nicht, weil nichts passiert. Manchmal schreibt man nicht, weil man in einem Strom von Erlebnissen steht und das Schreiben nur wie ein blasser Abklatsch des Wirklichen scheint.
letzte Tage in Chile |
Seit 10 Tagen bin ich zurück in Paris. Chile liegt wieder ganz fern am anderen Ende der Welt hinter den Anden. Im Januar, am Tag meines Abflugs nach Südamerika, stand ich aufgelöst und regelrecht erschüttert von diesem Abschied für Monate von F. Alles lag offen und fremd vor mir, niemand erwartete mich in Santiago. Dann kam ich an, nahm die Dinge auf wie sie kamen, und es wurden dichte Wochen des Lernens, Erlebens, Reisens und der Begegnungen. Ich wollte mir nichts entgehen lassen. Lernen, was es im Praktikum zu lernen gab. Spanisch einsaugen, so viel es ging. Von Chile sehen und erfahren, so viel ich konnte. Das Land bereisen: Santiago und Umgebung, den Norden mit der verblüffenden Atacama-Wüste, den patagonischen Süden, Mendoza auf der argentischen Seite. Reisen ist nicht immer leicht. Manchmal gehört zum Erlebnisreichtum auch das sich Überwinden, die Erschöpfung und das Loslassen der Kontrolle: Man kann nur wenig vorhersehen, weiß nicht immer, wo und wie man nächtigt, oder ob im Rucksack wirklich die passenden Sachen für Hitze, Regen oder Minusgrade stecken. Man reist vielleicht mit gerade erst gefundenen Freunden und hofft, sich auch an Weggabelungen einig zu werden. Man erlebt in kurzer Zeit viel zusammen und zeigt dabei unweigerlich mehr von sich selbst, als man es gewöhnlich tun würde.
Auch sind drei Monate nicht wie zwei Wochen Urlaub - sie verlangen, ganz da zu sein und sich wirklich auf das fremde Land einzulassen. Und obwohl die Zeit (vor allem im Nachhinein gefühlt) so schnell vergeht, gibt es immer mal Tage des Vermissens und dieses "nur noch ein paar Wochen" kann mitunter so lang erscheinen.
Auch sind drei Monate nicht wie zwei Wochen Urlaub - sie verlangen, ganz da zu sein und sich wirklich auf das fremde Land einzulassen. Und obwohl die Zeit (vor allem im Nachhinein gefühlt) so schnell vergeht, gibt es immer mal Tage des Vermissens und dieses "nur noch ein paar Wochen" kann mitunter so lang erscheinen.
Letztlich komme ich glücklich und mit einem fast physisch fühlbar vollen Herz zurück nach Hause. Ich habe Glück gehabt. Und was ich mir vor der Reise sagte, nämlich, dass ich dabei nur gewinnen und nichts verlieren kann, das hat sich bewahrheitet.
Zurück komme ich in den schönsten Pariser Frühling. F meint, ich hätte die Sonne mit hierhergebracht, denn seit meiner Ankunft ist es fast durchweg strahlend schön. Die Parks und Alleen stehen in Blüte. Der Balkon wird wieder zum zusätzlichen Zimmer.
zurück in Paris |
Ich stehe wieder vor vielen Unklarheiten. Meinen Masterabschluss habe ich in der Tasche. Was und wo wird meine nächste Aufgabe sein? Gerade fühle ich mich immun gegen Beunruhigung oder Stressgefühle. Alles ist gut, irgendwie.
Samstag, 14. März 2015
SAMSTAGSKAFFEE
Samstäglich ausschlafen, aufwachen und zu Hause sein, wenn auch nicht wirklich zu Hause, aber doch in meinem mittlerweile vertrauten Zimmer in Santiago de Chile – so lässt sich ein gutes, mal stilleres Wochenende gebührend eröffnen. Zeit nehmen für mich, fürs Lesen, Ordnung schaffen, Spazieren. Und für Kaffee (mich bei Ninjas virtuellem Kaffeeklatsch einreihend) ...
Radio hören, das Zimmer lüften, Listen machen.
Kunderas "Fest der Bedeutungslosigkeit" möchte ich ganz bald lesen. Und diese kürzlich preisgekrönten Gedichte auch. Und diesen Franzosen am besten auch, sobald ich zurück in Paris bin.
Überhaupt schleichen sich schon hin und wieder vorfreudige Gedanken und Ideen für das Leben nach meiner Rückkehr ein.
Wieder werden die Wege offen stehen.
Aber noch bin ich mit Haut und Haaren ganz hier, im chilenischen Spätsommer, frohen Mutes und vorfreudig auf den Besuch meines Bruders in ganz absehbarer Zeit. Gutes steht bevor.
Mittwoch, 11. März 2015
ZWEI TAGE FLANIEREN IN ARGENTINIEN
Die vergangenen zwei Wochenenden habe ich reisend verbracht und die Wochen dazwischen sind verflogen wie nichts. Das Unterwegssein lässt das Gefühl erwachsen, einen Riesensprung in der Zeit gemacht zu haben. Ich stehe schon mitten im März. Der Sommer ist noch tageweise heiß. Kurz stelle ich mir vor, wie es in Paris gerade Frühling wird (und denke an die guten Dinge im letzten März, wovon ich hier und hier schrieb).
Und ich möchte von zwei wunderbar leichten Tagen erzählen, die ich mit der lieben S, die ich seit meiner Anfangszeit in Santiago kenne, im argentinischen Mendoza verbracht habe. Die Stadt liegt auf ungefähr gleicher Höhe mit Santiago, nur windet sich dazwischen die gewaltige Andenkordillere, die es auf nicht enden wollenden Serpentinen zu überwinden gilt.
Aber Mendoza belohnt den mühsamen Weg und die langen Grenzkontrollen. Was wir vorfinden, ist lichtbesprenkelte, städtischer Leichtigkeit. Ideal, um sich nichts vorzunehmen und in das Wochenende hineinzuleben ...
Wir pendeln von einer Plaza zur nächsten, setzen uns, lassen uns guten Kaffee und knusprige Toasts von feingekleideten Kellnern servieren. Wir denken keine komplizierten Gedanken, legen den Kopf in die Hand, reden von meinem F und ihrem J, reden im Plätscherton der Brunnen, gehen weiter ... bleiben vor Schaufenstern mit typischen Lederwaren stehen, probieren Cremes in einer Farmacia aus. Kaufen an der nächsten Ecke wieder etwas zum Naschen, süßen Blätterteig oder himmlisch günstige Minicupcakes.
Ich habe keinen Reiseführer in der Hand. Ich weiß keinen Eckpunkt aus der Stadtgeschichte. Dieses Wochenende ist ganz untouristisch, ambitionslos. Es genügt, es vergnügt, das Ambiente in sich einzusaugen und ziellos zu schlendern. Wir vergleichen das Stadtleben mit dem geschäftigen, lauten Santiago und kommen überein, dass es uns außerordentlich gut hier gefällt und Argentinien mehr Zeit verdient.
Abends kommt das erinnernde Gefühl vergangener Familiensommerurlaube auf. Wenn die Laternen gelblich durchs Dunkel scheinen und die Plätze mit Restauranttischen vollgestellt sind und es noch heiß in den Shorts ist und alles klebt und alle glücklich wirken.
Auf der Hostelterrasse zu später Stunde verliert sich irgendwann die Zeit. Bekanntschaften entstehen, jemand holt die Gitarre heraus und man kennt und singt dieselben Lieder, obwohl man sonst scheinbar nichts gemeinsam hat. Man sieht sich nie wieder, vergisst aber vielleicht diese Stunden nicht.
Sonntag, wir packen Klamotten, Proviant und Souvenirs zusammen. Bei der Rückfahrt zieht eine grüne Anzeigetafel vorbei: Buenos Aires in vielen, vielen Kilometern Entfernung. Hört sich so weit an, aber auch so gut. Wollen wir nicht .... ?
Und schon wieder Wochenmitte in Santiago, normaler Gang unseres Praktikums.
Noch mit diesem Lied im Ohr ...
Mittwoch, 4. März 2015
VERDICHTETE ZEITEN
So beginnen die Tage und Wochen zu stürzen. Die Hälfte meiner Chilezeit ist schon überschritten. Je mehr ich in dieses Leben hier sinke und hineinzupassen beginne, desto weniger vermag ich es, mich aus der Vogelperspektive zu betrachten und zu beschreiben, wie es ist: Wie es ist, morgens auf dem Fahrrad Gedankenfetzen nachzuhängen, ohne auf den Weg zur Arbeit zu achten, weil ich ihn schon so sehr verinnerlicht habe. Wie es ist, sich in einer endlosen Reihe von warmen Sonnentagen mit den Anderen über einen einzigen bewölkten, kühlen Tag dazwischen zu wundern. Wie es ist, nach 20 Uhr im Abendglühen durch den Park zu laufen, zu laufen ... und zwischen Musik und Papageienlachen hindurch die vielen Erlebnisse der Wochenenden sickern und sacken zu lassen. Wie es ist, sich das Fremde vertraut und zu Facetten des Alltags zu machen. So, dass es einfach immer weitergehen könnte, wären da nicht das Vermissen und das Erinnern meines eigentlichen Lebens, das mir so gut passt. Wäre da nicht F, der in Paris auf mich wartet und dessen Zustimmung zu meinen vielen flatternden Plänen einen Halt für mich bedeutet.
Es ist gut, eine begrenzte Zeit hier zu haben. Es bewirkt, dass ich nicht zögere und zaudere, nichts verschiebe, sondern alles erleben, lernen, sehen will, was eben in diese drei Monate passt.
Und ich frage mich, ob man eine Art inneren Speicher mit Lebensintensität anlegen kann, aus dem man schöpft, wenn dünner gesäte Zeiten kommen und nichts zu passieren scheint.
Hier zu sein, bedeutet, mir nochmal ein anderes Leben anzuziehen. Eines, das ich wie einen geliehenen Mantel nur eine gewisse Zeit lang trage. Eines, in das ich auch erst einmal hineinwachsen musste, das mich reizt, kratzt, warmhält. Eines, das ich bald wieder ablegen werde und von dem doch etwas bleiben wird. Verwebt in meine Haut. Verwebt in Bilder und Texte, mit denen ich meine schwirrende Chilezeit wie in einem Schmetterlingsnetz einfange.
So gehe ich ein paar weitere Wochen in Santiago - mit zwei Seelen in der Brust, einer, die die Ferne liebt und maßlos auskosten will, und einer, die die Zeit abzählt und der weh ist nach Heimat und Erdung ...
Samstag, 14. Februar 2015
STERNSTUNDEN
Abends komme ich von der Arbeit zurück in mein Zimmer, überhitzt, erschöpft und mit wirbelnden Sinnen, und es tut gut, einen ruhigen Unterschlupf zum Rückzug zu finden.
Denn es ist ja nicht so, als verändere man sich in den Grundfesten, nur weil man an das andere Ende der Welt gereist ist. Auch hier bleibt neben all der nach außen gerichteten Lebenslust mein Bedürfnis nach regelmäßiger Stille bestehen. Erst in den nach innen gewandten Momenten kann ich das Erlebte sinken lassen. Erst dann wirken Gespräche nach, ebbt der Lärm ab. Ich muss meine Sinne auskühlen lassen.
Denn es ist ja nicht so, als verändere man sich in den Grundfesten, nur weil man an das andere Ende der Welt gereist ist. Auch hier bleibt neben all der nach außen gerichteten Lebenslust mein Bedürfnis nach regelmäßiger Stille bestehen. Erst in den nach innen gewandten Momenten kann ich das Erlebte sinken lassen. Erst dann wirken Gespräche nach, ebbt der Lärm ab. Ich muss meine Sinne auskühlen lassen.
Ich schreibe auf dem Bett sitzend und die Wörter im Kopf und auf dem Blatt geben einander Echo. Ich schreibe so, wie es in den Bäumen rauscht, seicht, gleichförmig, unbedeutend, bis sich etwas kristalliert – ein klarer Gedanke, eine Idee. Und auch nicht immer.
Es gibt auch Sternstunden im Alleinsein. Es ist Abend, aber noch hell, und ich streife mit dem Fahrrad durch mein Viertel Providencia, mit der Stirn zu den Anden und durch die Wärme, vorbei am ungeduldigen Feierabendverkehr. Nichts kommt mir in den Sinn, außer ein paar Lieder, die ich mit kurzem Atem singe, solang niemand mir entgegenkommt. Das Licht nimmt derweil ab, Smog hängt in der Luft. Ich trete in die Pedale und denke nichts, nichts ...
Es gibt auch Sternstunden im Alleinsein. Es ist Abend, aber noch hell, und ich streife mit dem Fahrrad durch mein Viertel Providencia, mit der Stirn zu den Anden und durch die Wärme, vorbei am ungeduldigen Feierabendverkehr. Nichts kommt mir in den Sinn, außer ein paar Lieder, die ich mit kurzem Atem singe, solang niemand mir entgegenkommt. Das Licht nimmt derweil ab, Smog hängt in der Luft. Ich trete in die Pedale und denke nichts, nichts ...
... bis da plötzlich Worte aus mir auftauchen, die hinter die Dinge dringen, die einen Ausdruck für eben diesen Moment finden. atemleinen zwischen den pedalen ... lose in der chile-schwirren hitze ... der abend schwillt aus den anden ... die skyline löst sich an den enden auf ...
Seit Wochen war die Muse von mir abgewandt. Alles Lyrische verhangen, überstülpt von der Konzentration auf meine Reise. Ich hatte keine Zeit, das Erlebte in mir aufzudröseln und als meine Schöpfung wieder zusammenzufügen.
Die Worte, die Ideen kommen eben erst, wenn sich innerlich alles entspannt und leert. Und sie kommen, wenn überhaupt, nur im Alleinsein.
Abonnieren
Posts (Atom)