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Montag, 29. September 2014

MINUIT à PARIS – KLEINER NACHTSPAZIERGANG

Paris wird zur Stadt der Lichter, wenn es dunkelt. Noch sind die Abende ganz lau.
Zur Apéritif-Zeit steige ich aus der Métro und geh an all den Terrassen vorbei, wo, eng beieinander, Menschen reden, Gläser klirren, Zigaretten glühen. Wo auch ich ab und zu sitze, denn in Paris verabredet man sich besser draußen, wo das Ambiente schwirrt, als in unseren winzigen Wohnungen, wo das Sofa meist gleichzeitig das Bett ist.
Das Wesen der Pariser Straßen wandelt sich bei Nacht. Nichts Schöneres, als jetzt gemächlich unterwegs zu sein.

La Rotonde

La Rotonde ist ein legendäres Café-Restaurant an der Schnittstelle vom Boulevard Montparnasse/ Boulevard Raspail. Simone de Beauvoir wuchs just in der Wohnung über dem Café auf [sehenswert übrigens der Spielfilm über De Beauvoirs und Sartres besondere Liebesbeziehung : in voller Länge hier].
Unzählige Künstler und Schriftsteller (Picasso, Modigliani, Cocteau, Hemingway ...) gingen hier einst ein und aus, verweilten stundenlang bei einem Café für 10 centimes. La Bohème!
Könnte man die Zeit einmal um 100 Jahre zurückdrehen ...

Le Dôme
Ebenso berühmt wie La Rotonde ist das Fisch-Restaurant Le Dôme. Bis spät in den Abend hinein kann man am Verkaufstand frische Austern, Langusten und Garnelen erstehen. Durch die Scheiben des Café-Bereiches habe ich neulich den Schriftsteller Eric-Emmanuel Schmitt erspäht. Auch manchem französischem Schauspieler habe ich in diesem Viertel (zwischen 6. und 14. Arrondissement) schon mit leuchtenden Augen hintergeschaut.


In manchen Pariser Ecken wird es abends doch auch einmal ruhig ...


Schaufenster werden doch eigentlich interessanter, wenn die Boutiquen geschlossen sind (und die Puppen so merkwürdig bleich aussehen).

Mitternachts-Paris, Lichter-Paris, Geschichten-Paris ... all das mag ich so, all das lässt sich nicht erschöpfen.

Mittwoch, 24. September 2014

WENN IN PARIS DER HERBST EINZIEHT


der park altert
im milchigen septemberlicht
 
den wegen fallen die
verbrannten schuppen
auf die schultern

unter unsern sohlen
knacken die abende kurz auf

auf angewinkelten armen
lehnt der herbst
am sims der stadt

(© Lyra – Herbst in Paris)

Wie konnte ich nur über das lange Jahr, über Sommersehnsüchte und weiße Nächte, vergessen, wie schön der Herbst ist? Herbst, der eigentliche Seelenmonat.
Hymne an das Leben, im Vergehen begriffen.
Jedes Jahr eine Erinnerung an die Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit aller Dinge, aber keine schmerzhafte, eine versöhnliche.
Melancholie ist kein Abgrund, sondern, wie Victor Hugo sagt, das Vergnügen traurig zu sein.



In Paris erlebt man den Wechsel der Jahreszeiten am intensivsten in den Parks. Heute war ich vormittags mit meinem "Mittwochskind" im Jardin des Plantes unterwegs (kastaniensuchend, bäumeschauend). Gegen Abend lief ich dann noch allein durch den Jardin du Luxembourg. Daher wohl mein heutiges Aufgeladensein von warmen Farben und holzigen Herbstgerüchen.


Und nun gehe ich, ganz ohne Sommerbedauern, in diese raschelnde, rauschende, rieselnde Zeit hinein ...

[ Einen wunderbaren Soundtrack für den Herbst habe ich hiermit auch schon gefunden.]

 
Habt einen wunderbaren Herbst!
Alle Fotos: In und um den Jardin du Luxembourg

















Samstag, 20. September 2014

DIESE MORGENDE ... EIN HERBSTBEGINN.

Angekommen im Wochenende, Zeit, diese Tage revue passieren zu lassen, die zwar zwischen Masterarbeit, Jobben und Zukunftplänen manches Mal erschöpfend, aber auch wunderbar hell, spätsommerlich und belebt sind. In den Straßen unten wimmelt und wuselt es nur so von Schülern, Studenten und geschäftigen Menschen. Überall sind die Terrassen gefüllt, im Jardin du Luxembourg luxt man sich die besten Plätze in der Sonne ab ...



Die Septembermorgende sind kühl und klar, bevor sie sich langsam erwärmen. Morgens ist man noch so leer innerlich, da kann noch Gutes gesät werden. 
Wenn ich mir die Zeit nehmen kann, setze ich mich erstmal zum Lesen, Schreiben und Kaffeetrinken auf den Balkon und fülle mich ganz langsam mit Gedanken und Worten. Danach gehe ich irgendwie friedfertiger und gelassener an die Arbeit.

[Der Kaffee geht ein weiteres Mal samstäglich zur ihr.]



F und ich haben uns an Tomaten versucht. Lange hat es gebraucht und zu wenig Sonne gab es wohl die Monate über, aber nun, im warmen September hängen und röten dort erste winzige Kirschtomaten. Auch der kleine Rosenstrauch, den ich mir im Juli geschenkt habe, steht duftend in Blüte. 
Das sind wohl die kleinen Dinge für die Sinne (erinnert ihr euch? wie hier oder hier), durch die uns der September mit dem Herbst versöhnen will ... 

Dann gibt es einen vorerst letzten Blick über Paris, bevor ich dann drinnen Bücher, Order und Laptop wieder aufzuschlage. Ganz langsam geht es mit dieser langen, guten, zähen, erschöpfenden, begeisternden Abschlussarbeit dem Ende zu. Wie war es überhaupt nochmal ohne sie?


Und ganz bald gibt es hier auch wieder mehr Bilder aus der Paris, von unseren Spaziergängen & Erkundungen. Es gibt noch so viel zu erzählen! Bientôt.

Dienstag, 16. September 2014

AM HAFEN VON WIECK... UND EIN SONNENUNTERGANG


An einem dieser sommerwarmen Septembertage, die ich in der Heimat verbringen konnte, war ich mit der Familie in Wieck, einem ehemaligen Fischerdorf bei Greifswald. Der kleine Ort mit seinem Fischereihafen liegt am Fluss Ryck, der in die Ostsee mündet.

Friedlich und mit einem Gefühl von Urlaub kann man hier spazieren. Es ist einerseits klein, so zwischen den Fischbrötchenbuden und Anglern, anderseits spürt man einen Sog von Weite, der vom nahen Meer ausgeht.

Schöne Sonne, die aufgeht, ihr Werk nicht vergessen hat
Und beendet, am schönsten im Sommer, wenn ein Tag
An den Küsten verdampft und ohne Kraft gespiegelt die Segel
Über dein Auge ziehn, bis du müde wirst und das letzte verkürzt. 
[…]
Schönes Licht, das uns warm hält, bewahrt und wunderbar sorgt,
Daß ich dich wieder sehe und daß ich dich wiederseh!

(Aus : Ingeborg Bachmann: An die Sonne.  
Heute morgen beim Lesen auf dem Balkon entdeckt 
und zugestimmt)

Mit meiner Schwester sitze ich am Kai. Spiegelbilder sind übers Wasser gesät.
Mein Bruder steht übers Geländer gelehnt an der Mole und sucht die Tiefen mit den Augen nach Fischschwärmen ab (träumt er von seiner Angel?).

 Später wird das Licht samtig-schwer und gleitet in einem grandiosen Sonnenuntergang hinab in den Abend. Es fängt an zu nieseln: tausend zarte Nadelstiche auf der Wasseroberfläche. Dabei unter einem großen Terrassenschirm sitzen, erzählen und innerlich ganz langsam den Sommer zusammenfalten ...   


Freitag, 12. September 2014

SPÄTSOMMERTAGE ... IN BERLIN UND GREIFSWALD UND WOANDERS

Fortgewesen, wiedergekommen: Es war zu schön zu Hause. Eine Woche lang warme Spätsommertage, als hätte ich mir sie gerade für diese Zeit aufgehoben. Das letzte Mal zurück im Norden war ich im Mai gewesen, als in Vorpommern die Rapsfelder gelb blühten. Diesmal, im September, steht das flache Land dort golden, die Seen tief blau, Apfelbäume stehen schwer behangen den Gärten. Gleichzeitigkeit von Sonnenwärme und Windkühle: das ist eben der Angelpunkt zwischen Sommer und Herbst.

Irgendwie vergleiche ich oft im Geist meine derzeitige Situation mit der vom vorigem Jahr, gar der von vor zwei Jahren. Vielleicht um mir Veränderungen klar zu machen. Vielleicht, um meinen "inneren Wachstum" einzuschätzen. Denn ich möchte auf meinen Wegen auch immer lernen. Am Ende, irgendwann, will ich in mir ruhen.
Im Rückblick fallen mir ein paar Verse in die Hände, die ich letztes Jahr um diese Zeit aufgeschrieben habe:

sommerende hängt mir
in der kehle 
  
das licht kämmt sich
langsam aus dem haar

zeit in der die tage sich
am horizont verengen

ich gieß mich
bis zum nachmittag
in den neuen jahresring

und am gleis steige ich 
an schweren händen 
ein in den september


Damals hatte ich für mein letztes richtiges Semester an der Uni wieder einen Umzug in eine fremde Stadt vor mir. Wieder ein neuer Campus, ein anderes Zimmer, Pendeln nach Paris. Die Aussicht darauf hat mir vorher buchstäblich in der Kehle gehangen. (Und letzten Endes wurde es dann doch ein wunderbares Semester dort).
Diesmal ist da mehr Leichtigkeit. Ich kann überschauen, was vor mir liegt. Und hinter mir liegt nun diese gute kleine Zeit zu Hause.

Wo fange ich an? Vielleicht mit ein paar Bildern aus Berlin, wo ich nach meiner Ankunft noch einen langen Tag voller Streifzüge verbrachte. Zwei Herzensfreundinnen konnte ich bei der Gelegenheit wiedersehen, ewig im Café sitzen, allein durch Mitte und den Prenzlauer Berg ziehen und dabei (wie das erste Bild oben) ein paar Fotos mitnehmen ...


Mit meiner Schwester war ich in alten Bussen auf Landstraßen in Mecklenburg-Vorpommern unterwegs. Als beinah einzige Reisende tuckerten wir auf Umwegen durch stille Orte bis zum Städtchen, wo die Großeltern wohnen und dessen Name nach unseren Kinderjahren klingt. 



Da ist die Pflasterstraße, die Friedhofsmauer, der Sandweg bis zum Tor mit der Nummer 5. Bilder, die ich in mir trage, seit ich denken kann. Und wenn ich heute wieder dort langgehe, in Richtung ihres Häuschens, ist da wieder diese unbedarfte Freude – auf Omi und Opi.




Einige Tage habe ich in Greifswald bei meiner Schwester und meinen Brüdern verbracht. Einen schöneren Geburtstag als in ihrem Kreise, zwischen Erzählen und Gelächter, hätte ich mir nicht wünschen können.

Greifswald ist eine kleine, pommersche Universitätsstadt am Bodden zur Ostsee. Am Hafen schaut man über alte und neue Segelbote und bekommt ein bisschen Fernweh. Wir sind so oft hier lang spaziert, erst durch die Einkaufsstraße, über den Markt und an den Hafen. Es ist gut zu wissen, dass in meiner manchmal längeren, manchmal kürzeren Abwesenheit einige Dinge so bleiben, wie sie immer waren.


Nun habe ich hier einiges zusammengepuzzelt und Gedankensprünge gemacht. Ich hoffe, ich konnte ein wenig von meinem Nachhausekomm-Gefühl vermitteln.

Zurück in Paris geht der Spätsommer noch weiter, herrlichst. Ich verzeihe dem August nun alles ... !