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Freitag, 28. Februar 2014

L'heure du thé – Pariser Sonntagskränzchen

Am Sonntag sind wir zum Tee bei unserer Nachbarin C. eingeladen. Nachbarin heißt nicht, dass wir Tür an Tür wohnen. In unserem Gebäude gibt es viele Etagen und mehrere Aufzüge. Viele von den Bewohnern, meist ältere Paare und Alleinstehende, kennen wir nicht einmal vom Sehen. Unten in der Eingangshalle kreuzt man sich manchmal. Einige Herrschaften sind stolz und grüßen beinah nie. Mit anderen steht man zusammen im engen Aufzug, wünscht sich herzlich und scheu "Bonsoir" und hätte gern ein paar mehr Worte ausgetauscht, anstatt sich einander auf die Schuhe zu schauen. Es trifft sich, dass man doch eines Tages einen kleinen Gesprächsaufhänger findet und während der zwei, drei Minuten Fahrt in die Höhe Erstaunliches erfährt. Ach, Sie kommen aus Brasilien? Sie lehren Philosophie an der Sorbonne? Auch F. und mir wird dann reges Interesse entgegengebracht. Ein so junges Paar, eine Seltenheit im Haus, und dann noch beide mit unterschiedlichen Nationalitäten. Auf ähnliche Weise lernten wir C. kennen. Sie ist Verlagslektorin in Rente und wohnt allein ein paar Etagen unter uns. Ihr aufgeweckter Geist und ihre Begabung für das leichte, gediegene Plaudern sind erfrischend und wir nehmen ihre Einladungen keineswegs aus Höflichkeit an. Bei Tee und Madeleines (süßem Gebäck) möchte sie, selbstverständlich im Rahmen der bourgeoisen Diskretion, alles über Arbeit, Studium und Wohlergehen von uns erfahren. Ihrerseits zwitschert sie von "cinéma", "théâtre" und ihren zahlreichen Ehrenämtern. Nachmittagssonne fließt über die Teppiche. Ich schaue von ihrem Balkon aus in den Hinterhof und von draußen in den Salon zurück. Hunderte Bücher, Sofas im alten Stil, ein glänzender Eichentisch. Als die Sonne schon tief steht (vorher sagen F. und ich uns: Aber wir bleiben nur ein Stündchen!), verabschieden wir uns in den Aufzug. Merci, merci! Bonne soirée et à bientôt!





Donnerstag, 27. Februar 2014

Kopfauslüften an der Seine

Blick vom Balkon
Nach einem Wochenbeginn, den ich viel vor dem Bildschirm verbracht habe (was mir quadratische Augen und einen ausgereizten Geist einbrachte), muss ich nun dringend Luft schnappen. Schon morgens gute Stimmung nach einem Anruf, der mir Freude bereitete. Ich hechte mittags in die Straße, in die Menge. Mein Kopf lüftet sich. Ich durchquere wie so oft den Jardin de Luxembourg (einen schöneren Park gibt es nicht in Paris!) und laufe den Boulevard Saint Michel hinunter. Meine Augen jagen zwischen den vielen Gesichtern hin und her: Touristen, Studenten, Bettler, elegante Damen, Pärchen. Ich bleibe an den Bücherwühltischen vor den großen Buchhandlungen stehen und fische mir ein, zwei Titel heraus, die lesenswert erscheinen. Nun aber weiter, an die Seine, die Steintreppen hinunter bis ans Wasser. Plötzliche Ruhe, wenige Spaziergänger hier unten. Zeit, ein paar Notizen in mein Heft zu schreiben. Wieder oben am Boulevard reißt die Wolkendecke auf – in den letzten Tagen hatte sich eine graue Glocke über der Stadt festgesetzt. Nun spürt man, wie die Gesichter, sobald sich Licht auf sie legt, aufatmen. Ein kleiner Hauch von Frühling und das Gefühl: Etwas öffnet, weitet sich, es geht bergauf. 

Schliff an der Fassade
Am Seine-Ufer
Unten an der Seine

An der Fontaine Saint Michel, vor der man sich gern Rendez-vous gibt

Dienstag, 25. Februar 2014

Ein guter Tag, um zu beginnen



Über Paris liegt kalte, hellgraue Februarluft. Die Parks sind blätterlos, die Terrassen werden geheizt. Manche Boutiquen im Viertel sind geschlossen, es sind Winterferien. Ehe es wieder zu schnell gegen Abend geht und meine Gedanken anfangen zu flattern, beginne ich diesen Blog.
Ich möchte schreiben. Weil ich einen Kanal suche, meinen Gedanken und Ideen Konturen zu geben. Weil ich dann und wann in Gedankeneinsamkeit verfalle, im stillen Kämmerlein denke, schreibe, überlege und irgendwann merke, dass sich manche Ideen ungeteilt nicht weiterentwickeln. Weil Schreiben mein Sprachrohr und Fernrohr ist. Weil ich meinen persönlichen und künstlerischen Weg dokumentieren möchte. Weil ich in einer mit Rausch, Poesie und Abgasen aufgeladenen Stadt lebe, die ich schriftlich und fotografisch bändigen muss.
Und ich fange jetzt an, weil ich vielleicht nicht so bald wieder so viel Zeit haben werde. Das Studium ist beinah zu Ende. Ich sitze in meiner Seifenblase, von der aus ich Pläne in die Luft schreibe und wieder streiche und mich am liebsten doch nur Spielereien hingeben würde.
Also kommt mit: durch Paris und meine Gedanken, durch Gucklöcher hinter die Fassaden.